Letzte Ausfahrt
Marxloh
Keine Chancen, kein Geld, viel Zeit.
Tote Zeit. Lokaltermin im Norden Duisburgs, in einem alten Malocherviertel,
wo zuerst die Jobs verloren gingen und dann die Moral
1996
von Tom Schimmeck
Was zuerst auffällt: das gedrosselte Tempo.
Diese Männer mit dem ziellosen Gang, die sich schleppend zwischen
beliebigen Punkten bewegen, einfach herumhängen, vor einer Trinkhalle
stehen, auf einer Bank hocken. Junge Burschen, alte Knaben, die ein bißchen
reden, trinken, rauchen. Oder gar nichts tun.
Verkehrsberuhigung. Nur vereinzelt sind noch schnelle Bewegungen auszumachen:
An den Flipperautomaten etwa, manchmal auch spät nachts auf der Hauptstraße
– wo ein paar Blödmänner ihre BMWs gern auf 150 hochtreten. Oder
wenn die Fäuste zucken.
Ansonsten: Leerlauf. „Wat hier los is?“ fragt höhnisch ein kräftiger
Kerl, der lässig an einem Garagentor lehnt, und antwortet sich selbst:
„Nix. Ende. Aus.“ Der Mann, 41, ist seit Jahren ohne Arbeit. Seine vierköpfige
Familie hat nach Abzug von Miete und sonstigen Fixkosten im Monat 1200
Mark für Essen, Kleidung und alles andere. „Ich bin immer froh, wenn
der Kühlschrank voll ist.“ Seinen letzten Urlaub hat er „mit Vaddern“
im Spessart gemacht. Da war er fünf.
Der Mann steht da herum und plaudert mit seinen Kumpels: Ein Dicker,
45, ebenfalls arbeitslos; zwei Frührentner, einer Anfang 40, der andere
62. Der Alte fummelt an einem rostigen Motorrad. Früher hat er im
Bergbau und bei Thyssen malocht, auch einige Jährchen im Knast gesessen.
Seine Rente: 1203 Mark. Sein Resümee: „Du wirst von einer Ecke in
die andere geschoben: Krankenkasse – Arbeitsamt –Sozialamt –Rentenkasse.“
Die anderen trinken Billigbier. „Marxloh ist tot“, stänkert der
Dicke, der gerade zwei Jahre ABM abgerissen hat. Der Kräftige hat
sich „Leck mich“ quer über den Hintern tätowieren lassen. Sie
erzählen von ihren Behördenabenteuern, klagen über Staub
und Ruß, die der Hochofen nebenan auf die Siedlung spuckt, mosern
über Kriminalität und die vielen Ausländer. Allmählich
kippt das Gespräch. „Ich wär froh, wenn wir den Hitler wieder
hätten“, sagt der Kräftige. „Der hat immerhin Autobahnen bauen
lassen“, sekundiert der Dicke. „Und nicht alles großgezogen, was
nicht lebensfähig ist“, fällt der Alte ein. Zeit, sich zu verabschieden.
Überall Dreck, schimpfen die Einwohner: „Es kommt keiner und tut
da wegfegen“. „Quatsch“, sagen die vier Straßenfeger, die zwei Ecken
weiter Pause machen. „Aber morgen sieht es hier wieder genauso aus.“
Mit Karl Marx hat Marxloh nur am Rande zu tun, auch wenn hier eine Karl-Marx-
eine Friedrich-Engels-Straße kreuzt. Der Name des Stadtteils stammt
aus vorindustrieller Zeit, als hier noch verschlafene Gehöfte standen.
Was Marx interessieren würde: Hier steigt das Proletariat zum Lumpenproletariat
ab. Marxloh kippt Richtung Slum. 82 Straßen, bewohnt von 21 400 Menschen,
„Losern“, wie junge Freidemokraten sagen würden.
Der Aufschwung begann 1871, als die „Gewerkschaft Deutscher Kaiser“
die erste Kohle förderte. Alles passé. Zechensterben und Stahlkrise
haben dieses Viertel schwer gebeutelt. Noch immer dampft an drei Seiten
Industrie, doch die kommt heute mit einer Handvoll Leute aus. Wer sich’s
leisten kann, zieht fort.
Auf Amtsdeutsch heißt eine solche Gegend „Stadtteil mit besonderem
Erneuerungsbedarf“. Deshalb residiert hier eine „Entwicklungsgesellschaft
Marxloh“ (EGM), gefördert aus Düsseldorf und Brüssel. Die
EU hat irgendein Interesse daran, daß Liverpool, gewisse Pariser
Vororte und Stadtteile wie Marxloh nicht völlig vor die Hunde gehen.
Die EGM redet von „Vernetzung“ und „interkultureller Arbeit“. Sie läßt
Fassaden tünchen, Plätze begrünen, Gewerbeflächen erschließen.
Sie macht den letzten Geschäftsleuten Mut. 300 Leute habe man so von
der Straße geholt, das sei „mehr als Beschäftigungstherapie“,
beteuert der Bezirksamtschef, bevor man Zeit für Zweifel gehabt hätte.
Hin und wieder kommen Forscher oder Politiker, sogar aus London und aus
Kanada, und finden das alles sehr interessant.
Doch den Stolz, den stellt noch so viel frische
Farbe nicht wieder her. Diesen Stolz, der etwas mit Kraft und Fleiß
und Schweiß zu tun hatte. Man hat geschuftet und gefeiert. Das Leben
hatte einen festen Rhytmus, jeder seinen Platz. Die Männer malochten
im Schacht, in der Kokerei, im Hüttenwerk. Die Frauen kochten, wuschen,
putzten und zogen die Kinder groß. „Unsere Männer haben nie
viel verdient“, meint Friedchen, eine Rentnerin, „aber sie hatten Würde.“
Es war einmal: das tolle Marxloh. Das Einkaufszentrum des Duisburger
Nordens. An der Pollmann-Kreuzung, wo sich zwei Straßenbahnlinien
kreuzen, ging man Bummeln. Und im Hotel Montan hat sogar mal der Heino
gesungen.
Viele Einzelhändler und Lebensmittelgeschäfte, auch die Kaufhalle
und Woolworth sind abgewandert. An mancher Trinkhalle klebt ein Pappschild:
„Pächter gesucht“. Bei den meisten Marxlohern reicht es heute nur
noch für eine Art Ersatzkonsum. Sie sind stets auf Schnäppchenjagd,
laufen suchend durch die vielen neuen Superbilligläden: „Pfennigfuchser“,
„Rudis Reste Rampe“, „Miniprix“ (mit dem Holperreim: „Kost fast nix“) und
der „Kodi“-Discount mit dem schönen Slogan: „Der Markt, in dem es
nichts zu essen gibt.“
Kleinkosmos Kaiser-Wilhelm-/Ecke Rolfstraße: Der Imam der Moschee
darf jetzt auch über Lautsprecher zum Gebet rufen. Vor der Pizzeria
trifft sich immer eine Jugendgang, um zu kiffen und Unfug auszuhecken.
Die Jump-In-Spielhalle wird einmal im Monat ausgeraubt – „Kannste die Uhr
nach stellen“, sagt ein Geschäftsmann von gegenüber.
Gefragt sind Überlebenskünstler. Als billiger Geheimtip gelten
Lebensmittel, deren Verfallsdatum abgelaufen ist. Eine Kneipenbesitzerin
berichtet vom schwunghaften Handel mit geklauten Klamotten, Zigaretten
und Parfüm. Man munkelt von Mafia, Schutzgeldern und geschmierten
Polizisten. Aber das will niemand laut gesagt haben.
„Das Wirtschaftsleben“, notierte ein örtlicher Chronist, kam „in
erheblicher Weise ins Stocken. Gleichzeitig aber konnten die Betriebe,
die ja kaum noch existenzfähig waren, ihre Steuern nicht mehr bezahlen,
und die städtischen Einnahmen gingen, bei gleichzeitigem Anstieg der
Belastungen der öffentlichen Haushalte durch die Arbeitslosenunterstützung,
drastisch zurück.“ Das war 1932.
Man soll die Parallele nicht unnötig breittreten. Aber seit 1987
hat Duisburg 90000 Arbeitsplätze verloren, rund 50000 beim Stahl,
28000 im Bergbau. Im Stadthaushalt klafft ein tiefer Krater. Gewerbesteuer
ist kaum mehr ein Einnahmefaktor, dafür sind die Sozialausgaben in
den letzten 15 Jahren von 117 auf 373 Millionen Mark gestiegen. Um Geld
lockerzumachen, hat die findige Finanzdezernentin 28 Schulen an eine Privatfirma
verkauft – und sie auf Zeit zurückgeleast. Duisburg bekommt Preise
für seine – aus nackter Not geborene – „schlanke Verwaltung“. Der
Bürgermeister denkt laut darüber nach, warum man eigentlich Geld
gen Osten überweist, wo es daheim doch keinen Deut besser geht.
„Die ist ganz zahm“, sagt der Penner mit den schlechten Zähnen,
der für ein paar Pfennige das große Schaufenster putzt, und
hebt den gelben Zeigefinger. Die Katze sitzt auf dem großen Sarg
in der Auslage und reckt sich behaglich. Es ist ein Beerdigungsinstitut.
Offiziell sind in Duisburg gut 15, in Marxloh rund 25 Prozent arbeitslos.
Zwangs-Frührenter, Jugendliche in künstlichen Warteschleifen
und all jene, die sonstwie aus der Statistik gepurzelt sind, nicht mitgerechnet.
Noch augenfälliger ist eine absolute Zahl: Von 540 000 Einwohnern
Duisburgs gehen gerade noch 170 000 einer sozialversicherungspflichtigen
Beschäftigung nach. Der Stadtteil Marxloh gerät zum Schulbeispiel
– für die Folgen jenes Auseinanderdriftens von Arm und Reich, das
die OECD, der Club der reichen Welt, unlängst zu einer „Notwendigkeit
der wirtschaftlichen Logik“ erklärt hat.
Eine Logik, die hier nicht verstanden wird. Die sich hier anders buchstabiert:
Angst. „Heute ist nichts mehr sicher, nicht mal die Bank vonEngland“, sagt
ein Arbeiter, der vor der Nachtschicht imStahlwerk ein schnelles Bier am
Kiosk kippt. „Kann sein, daß ich jetzt reingehe, und die sagen: ,Pffft,
ab nach Hause‘ “. Er macht dazu eine eindeutige Handbewegung. „Schon die
Kinder antworten auf die Frage ,Was willste werden?‘: ,Arbeitslos‘.“
In der Kneipe „Kiebitzberg“ gibt es Pokale, Wimpel, Urkunden, Bergmann-Nostalgie.
„Man kann im Leben nicht alles haben“, schnulzt es aus der Musikbox, „so
manche Hoffnung muß man begraben.“ Dumme Symbolik. Keiner hört
zu. Es riecht es nach Bier, Zigaretten und Kaninchenscheiße. Die
Stunde der Züchter: Ältere Männer in grauen Kitteln wuseln
zwischen Käfigreihen, auch Omis mit ihren Enkelinnen sind da. Wenn
die Juroren geurteilt haben („Fell: sehr gut“), dürfen die Enkelinnen
die Kaninchen streicheln.
Abends, beim Schützenfest im grün-weißen Festzelt, spült
ein breiter Strahl König Pilsener die Verzagtheit fort. Die Ein-Mann-Band
beackert die Stimmung, einige wackere Paare tanzen. Nach dem zehnten Bierchen
ist der Blues wieder da. „Marxloh war mal schön“, sagt ein ehemaliger
Schützenkönig, der plötzlich mit den Tränen ringt,
„kein Krawall, sauber und alles. Und das Lebensgefühl – wunderbar.“
Seit zehn Jahren ist er arbeitslos, ist auch schon mal als Penner herumgezogen.
Er kennt viele, jawohl, selbst Ingenieure und Architekten, die „auf der
Bank“ gelandet sind. Er erzählt von diesem Gefühl totaler Nutzlosigkeit,
von diesem schmerzhaften Mangel an Sinn.
Kein Geld, keine Chancen, viel Zeit. Tote Zeit. Gewiß, man kann
Daddeln und Zocken und Kegeln, Spazierengehen, das Auto waschen, die Satellitenschüssel
leergucken und, wenn noch ein paar Mark da sind, den Otto-Katalog aufkaufen.
Oder sich langweilen, saufen und die Kinder verprügeln. „Familie,
Garten, Fahrrad – damit hau ich die Zeit kaputt“, sagt der Kräftige.
„Rumsitzen, Garten, Fernsehgucken“, schildert der Ex-Schützenkönig
seinen Tagesablauf. „Das schlimmste ist: Man gewöhnt sich“, sagt Helmut,
der in einer Spielhalle gerade den Gratis-Morgenkaffee genießt. „Am
Anfang ist man sauer und läuft wie doof rum. Und dann gewöhnt
man sich dran.“
Helmut hat eine interessante Beobachtung gemacht: „Alles Brot und Spiele
hier.“ Tatsächlich gibt es einen rätselhaften Bäckerei-Boom
im Viertel. Und so viele Spielhallen, daß die Namen knapp werden:
Spieltreff, Spieltheke, Spielothek, Spielstube, Spielcenter sind vergeben,
auch Playothek und Glückstreff. Uber ein Dutzend auf engstem Raum.
Das ist also der „Freizeitpark Deutschland“. Überhaupt scheinen
Parks heute da zu blühen, wo die Probleme wachsen. Unweit von Marxloh
liegt der „Landschaftspark Duisburg Nord“ – ein altes Hüttenwerk,
viel rostiges Heavy Metal. Wo einst Erze lagerten, klettert heute der Alpenverein.
Im Pumpenhaus pulsiert eine Techno-Disco. Im Gasometer gehen Sporttaucher
30 Meter tief.
Duisburg hat auch einen „Sportpark“ und einen „Revierpark“. Auslauf
für lauter unfreiwillig geparkte Menschen, die eigentlich einen Entsorgungspark
bräuchten.
Wer ist schuld? Thyssen, sagen die einen: „Die
sanieren sich durch uns.“ Der Bezirk Hamborn, in dem Marxloh liegt, galt
einst als „Thyssen-Stadt“. 1983 beschäftigte die Thyssen Stahl AG
in Duisburg noch 32 500 Leute. Heute arbeiten hier 18 300 Mitarbeiter –
Azubis inklusive. Bis 1998 soll die Stammbelegschaft um weitere 2100 Menschen
reduziert werden. Immer weniger schaffen immer mehr: Vor zehn Jahren wurden
pro Tonne Rohstahl noch mehr als fünf Arbeitsstunden benötigt,
heute sind es drei.
Im Jugendprojekt „Werkkiste“ sitzen vier türkische Mädchen
an einem großen Tisch – angehende Floristinnen, die Sträuße
binden. Sie debattieren und albern herum, frech und ironisch, selbstbewußt
und spürbar zuversichtlicher als viele deutsche Jugendliche. Sie sind
pfiffig, schmieden Pläne. „Wir machen einen Laden auf“, sagt eine.
„Hier gibt es genug Hochzeiten und Feiern“, meint ihre Freundin.
Wer ist schuld? Die Türken, sagen die anderen. Der Ausländeranteil
in Marxloh liegt über 35 Prozent, bei den Jugendlichen über 70
Prozent. An den Schulen sieht man das. Das örtliche SPD-Chef hat für
viel Wirbel gesorgt, als er erklärte, Marxloh würde durch weitere
Ausländer „überfordert“.
Im deutschen Meckern schwingt oft Neid mit. Die Türken trifft die
Misere noch härter. Doch ihre Infrastruktur, ihr familiärer Zusammenhalt
ist in der Not überlegen. Sie sind der einzig dynamische Wirtschaftsfaktor,
machen sich selbständig, kaufen Häuser, haben ihren eigenen Unternehmerverein.
Der Tante-Emma-Laden ist tot, es lebe der Onkel-Ali-Laden. Manch Deutscher
fühlt sich da wie ein Auslaufmodell.
Zusammenstöße sind selten. Deutsche labern von „Ölaugen“
und „Kanacken“. Aber dann loben sie wieder die guten Gemüsegeschäfte.
Und daß die Türken in der Schicht gute Kumpels seien. Eine Omi
schwärmt, bei ihrer türkischer Nachbarin könne man „von
Fußboden essen“. Es herrscht eine Art Waffenstillstand.
Auf einer Bank am Bebelplatz hocken Holger, 24, Carsten, 26, und Sandra,
20. Ihr Karrierestand: Lehre abgebrochen, bei Thyssen gekündigt, kein
Job. Sie haben eine Wohnung in Aussicht, aber es fehlt Geld. Nun sitzen
sie drei alten Pennern gegenüber, und zischen ein Bier. „Wir gucken
uns das schon mal an“, sagt Carsten trocken. „Wenn’s mit der Wohnung nicht
klappt, müssen wir zelten.“ Ein Penner faselt wirr was von der Reeperbahn.
„So weit möchte ich nicht abdriften“, sagt Holger kleinlaut.
Die Jugendlichen sind ohne Wehmut, sie kennen nur den „Abschwung“. Der
Kreislauf: Keine Ausbildung, keine Arbeit, hohe Schulden. Dazu Drogen.
Einige haben regelrechte „Maßnahmenkarrieren“ hinter sich. Was sollen
ein paar Streetworker mit 6200 Jugendlichen tun? „Das können wir nicht
abdecken“, sagt Sozialarbeiter Harry.
Dabei sind die Jugend-Träume gar nicht bombastisch: „Freundin,
Familie, Auto, Wohnung und Spaß“, zählt Harry auf. „Aber sie
spüren, daß der Sog nach unten geht.“
Zum Beispiel Pet und Marc, beide 17. Pet hat 18 Monate gesessen. Man
hört, er habe den Tresor vom Arbeitsamt geknackt, dort aber nur die
Kaffeekasse erbeutet. Pets Äußerungen zu dem Thema sind eher
vage.
Marc ist Lehrling und gibt sich ritterlich. Er hat für den neuen
Kindergarten gespendet. Pet ist ein Kontrastprogramm: Ganove und lieber
Kerl. Eben hat er geschworen, niemals wegzuziehen. Und nun klagt er, wie
„abgefuckt“ hier alles sei: „Hier kann man nichts machen.Deshalb muß
man Verbrechen machen. Hier wohnen nur Verbrecher – so wie ich.“
Plötzlich reden die beiden wie alte Männer, echauffieren sich
über die Junkies und den Schmutz: „Das hatten wir früher nicht.“
Da liefen kleine Blagen, sechs oder sieben Jahre alt, schon mit ’ner Kippe
rum. „Irgendwann fangen die schon im Kindergarten an, Autos zu knacken.“
Viel später hat auch Pet nicht angefangen. Wie ein Veteran schildert
er die Bandenkriege seiner Kindheit: Klein-Pet gegen die Marokkaner. Mit
neun begann er zu klauen. Dann Einbrüche, Autodiebstähle, Überfälle
auf Trinkhallen. Er landete auf einer Schule für Schwererziehbare,
auch keine Kuschelecke: „Einer, der war zehn, hat dem Schulleiter mit ’nem
Knüppel ins Gesicht geschlagen.“ Marcs Hardcore-Band macht Texte über
solche Lebensläufe.
Nachtspaziergang: Mit langen, federnden Schritten durchmessen die Jungen
ihr Revier. Sie kennen jede Ecke, jedes Gesicht. Sie blicken um sich, als
würden sie ihre Ranch abreiten. „Jaja, man haßt es und man liebt
es“, meint Marc.
Noch Wünsche? „Keine Ahnung“, sagt Pet. „Doch: Arbeit. Bin ja jeden
Tag nur am Kiffen.“ Und Marc? „Ich würd’ gerne mal ’n Auto mit Airbag
haben und gegen die Wand fahren.“
©
Schimmeck |