TOM SCHIMMECKs ARCHIV
1986
 

Tom Schimmeck

Die Saat geht auf

Die ersten Tage des ersten grünen Ministers der Welt

Dicker ist er geworden, der Joschka. Und Holger Börner, sein Ministerpräsident, hat abgenommen. Wandel durch Annäherung.

Das Urteil des Büroboten steht schon fest: „Die haben Manieren, die Grünen, und ausdrücken können sie sich auch.” Der Bote war vorher im Finanzministerium. „Die haben ganz schön geulkt, als sie hörten, daß ich zum Fischer abgeordnet werde. Einige haben mich schon ,Joschka' gerufen.”

Es war im Dezember, am Freitag, dem dreizehnten. Zwei Taxis fahren vor dem Hochhaus Dostojewskistraße 8 im Wiesbadener Behördenzentrum am Schiersteiner Berg vor. Die Fahrgäste: der tags zuvor vereidigte Joschka Fischer, der grüne Staatssekretär Karl Kerschgens und die getreuesten Mitarbeiter des Fischer-Clans. Sie entern das Gebäude, fahren mit dem Fahrstuhl in den zehnten Stock und übernehmen die Macht.

Wenige Tage später öffnet Frau Zimmermann, die gute Fee im Vorzimmer, die Tür zum Allerheiligsten. Da thront er, der frischgebackene Herr Staatsminister für UmweIt und Energie, ganz am anderen Ende des sieben Meter langen Dienstzimmers, grinst - mit einer Selbstgedrehten im Maul - und macht winke, winke.

Der Gestank von frischer Farbe hat sich gerade erst verzogen. Auf dem Ministerflur, Zimmer 1001 bis 1009, wird frei improvisiert. Am Gang stehen Kisten herum. Das Büromaterial hat Raoul, Fischers alter Kumpel, der schon in der Bonner Grünen-Fraktion für Angst und Schrecken sorgte, bei Karstadt auf Pump besorgt. Raoul kommt mit einer Schreibmaschine ins Zimmer. Wie fühlt man sich als Staatsbeamter. „Ooch furchtbar”, sagt er und verzieht theatralisch das Gesicht, „besonders heute morgen.”

Auf dem Terminkalender des Herrn Ministers steht ein Antrittsbesuch bei seiner Abteilung III – Wasserwirtschaft. Die Damen und Herren von der Wasserwirtschaft sitzen noch im Nebenhaus beim Landwirtschaftsminister, dem sie erst vor wenigen Tagen zwecks Gründung eines UmweItministeriums weggenommen wurden. Minister Joschka und Roland, sein persönlicher Referent, begeben sich nach nebenan. „Guten Morgen, Herr Minister”, sagt der Pförtner. „Guten Morgen, Herr Pförtner”, antwortet der Minister.

Ministerialdirigent Dr. Helmut-Günther Breuers, der Abteilungsleiter, wartet schon mit dem Kaffee. „Zunächst herzlich willkommen, Herr Minister!” Er schenkt selbst ein. „Milch oder Zucker, Herr Minister?”, fragt er mit steifer Höflichkeit. Fischer winkt ab.

Fotokopien aus dem „HessenABC”, die dem neuen Dienstherrn Aufgabe und Struktur seiner wasserwirtschaftlichen Abteilung erklären sollen, werden gereicht. Der Minister rollt sie zu einer Papierröhre, die er, während er lauscht, unablässig gegen das Kinn klopft. „Wenn Sie sich im Lande umsehen. . .”, hebt Dr. Breuers an und doziert fortan über Kommunen, Haushaltsdefizite und die Mitteln der Abwasserabgabe. „Die Klärtechnik, Herr Minister, ist in Bewegung.”

„Und den Hirsch da oben haben Sie selbst geschossen?” fragt der Minister und deutet auf ein Geweih an der Wand der Amtsstube „Selbstverständlich”, beteuert der Ministerialdirigent und erhebt seine in Ehren ergraute Erscheinung vom Stuhl, „den habe ich auf etwa 160 Meter spitz von vorn getroffen.”

„Sapperlot”, sagt der Minister

 

*

Auf einem langen Marsch durch die Flure „erden dem Minister anschließend die Untergebenen präsentiert. Man stapft von Büro zu Büro. Dr. Breuers stellt vor. Das ist Ministerialrat Soundso, hier sitzt Herr Regierungsrat Soundso und da haben wir den Bauoberrat Soundso. Von einem kleinen Spickzettel liest der Abteilungsleiter ab, was die Herren den ganzen Tag lang so machen. Auch den Sitzungssaal läßt er nicht aus zeigt auf die Lärchentäfelung und bekennt: „Ich bin ein Freund des deutschen Holzes“.

Fast alle, Beamte springen auf, sobald sich die Tür ihres Raumes öffnet, nehmen an der Seite ihres Schreibtisches Haltung an. Der Minister steht mit hinter dem Rücken verschränkten Armen da, hört mit leicht verzogener Miene den Ausführungen zu, nickt wissend, wippt auf den Hacken und wünscht „gutes Gelingen“. Trotz seiner Daunenjacke und den Turnschuhen wirkt er wie ein älterer Kontaktbereichsbulle auf Streife. „Führt die Ordnung früher ein, als die Unordnung einsetzt”, lautet einer der Sprüche, die in den immergleichen Büros hängen, daneben prankt ein Kalender der Beamtensparkasse.

„Es ist die Begegnung zweier Welten“, sagt Fischer als er den Rundgang endlich hinter sich hat. Mit der autoritären Rolle als Dienstherr hat er keine Probleme. Davon konnten schon die Genossen, die einst beim Fußballspielen im Frankfurter Ostpark seine Fußtritte fürchteten, ein Liedchen singen Sie würden sich trotzdem die Haare in Büscheln ausreißen, wenn sie Ihren Joschka heute beim Rundgang durch die Amtsstuben sähen.

 

*

Der Minister kehrt in seine Gemächer zurück. Beflissen reißt Raoul die Tür auf und verarscht den Dienstherrn mit einer schwungvollen Verneigung bis zum Boden.

Georg Dick, der Pressesprecher, sitzt im Zimmer 1002 und spult die letzten Radionachrichten vom Cassettenrecorder ab. in denen der Umweltminister lang und breit zitiert wird. Fischer, im Türrahmen lehnend, hört’s mit Freuden. „Der Referent Dick wird belobigt“, sagt er huldvoll.

Georg trägt als einziger im Ministerflügel Anzug und Schlips. Das hat er sich als Pressesprecher in Bonn angewöhnt. Auch da war es sein Job, Joschka Fischer so gut wie möglich zu verkaufen.

Gegenüber in 1009 residiert Tom Koenigs. Leiter des Ministerialbüros, der demnächst im Range eines leitenden Ministerialrats verbeamtet wird. „Ich bin kein Stück Staat“, blödelt Tom, „ich bin ein Stück Hofstaat.“ Er malt das Kürzel St (für Staatssekretär) auf eine der amtlichen Laufmappen. die sich auf seinem Tisch türmen und weitergeleitet werden wollen „Lang lebe der Staatssekretär”, murmelt er dazu.

“Dieser Laden ist organisiert wie eine Frittenbude!”

In Zimmer 1003 bahnt sich unterdessen ein Drama an. Referent Roland Schaeffer droht unter dem Ansturm der Akten zusammenzubrechen und brüllt seinen Minister an. „Du kriegst es einfach nicht auf die Reihe“, schreit Joschka. „Quatsch”, flucht Roland zurück, „der ganze Laden hier ist organisiert wie eine Frittenbude.“

 

*

Routine kann sich noch nicht breit machen. Am nächsten Morgen um 8.30 Uhr trifft sich der Ministerflügel zur „Kleinen Lage”, um das Chaos zu ordnen Eine Stunde sitzen LMB Tom Koenigs, Referent M1 Roland Schaeffer, Referent M2 Georg Dick, Kanbinetts- und Parlamentsreferent M3 Mayer, der Staatssekretär und der Minister zusammen, gehen die Post durch und sprechen über die fälligen Amtshandlungen. Der Rest des Tages geht meist in Akten und Terminen unter. 95 Prozent Bürokratie – fünf Prozent Politik.

 197,5 PIanstellen gibt es im Ministerium. Die Fischer-Gang hat die darauf sitzenden Beamten gleich in der ersten Woche auf einer Personalversammlung geballt vor sich. Der neue Minister hält eine durchaus staatstragende Rede an die „lieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Er spricht vom „ökologischen Problemdruck“ und dem „guten Willen aller Beteiligten”, von Vertrauen und Kooperation nach innen. Er kündigt an, daß künftig bevorzugt Frauen eingestellt werden. „Ich für meinen Teil“, schließt er seine Ansprache, „bin davon überzeugt, daß wir voneinander sehr viel lernen können - zum Nutzen der Umwelt hier in Hessen“. Es gibt Beifall. Immerhin.

Wenn man alle Beamten zusammenrechnet, die über ganz Hessen verstreut in den nachgeordneten Behörden sitzen, dann unterstehen Joschka Fischer rund 1400 Staatsdiener. Ob die ihren neuen Chef ernstnehmen, weiß Fischer noch nicht so genau. „Ich würd’ das nicht so eng sehen”, meint er, „ich glaube nicht, daß wir bisher den Eindruck hinterlassen haben, daß man uns auf der Nase rumtanzen kann.” Kleine Pannen und Mißverständnisse lassen sich dennoch nicht vermeiden. AIs Karl Kerschgens. der Staatssekretär, der als Lieblingsgrüner von Holger Börner und Wegbereiter der rot-grünen Koalition bekannt geworden ist, neulich abends in sein Büro wollte, stoppte ihn der Pförtner unten am Eingang. „Was wollen Sie denn hier”, fragte er barsch. Brav antwortete Karl: “Ich bin der Staatssekretär:' Der Pförtner lachte ungläubig und konterte: „Und ich bin der Kaiser von China.“ Jetzt liegt ein Foto von Kerschgens in der Pförtnerloge, damit so was nicht noch mal passiert.

 

*

Das Kafkaeske der Bürokratie - das ist das eine Problem des ersten grünen Ministers der Weit. Doch auf seinem Schreibtisch türmen sich andere Probleme, die viel schwerer wiegen. Fischer hat sich mit dem Chemiegiganten Hoechst und den Hanauer Nuklearbetrieben herumzuschlagen. Einen Bescheid, der Hoechst die Einleitung von allerlei Gift in den Main gestattet, hat er vorerst einmal verlängern müssen, weil seine Experten und Verwaltungsjuristen noch nicht genug Munition zusammen hatten. Acht Tage nach Fischers Vereidigung genehmigte der Darmstädter Regierungspräsident außerdem eine neue Hoechst-Anlage, in der ein Herbizid mit dem treffenden Namen “Basta” hergestellt werden soll. Pro Tonne „Basta” fallen eineinhalb Tonnen Sondermüll an. Der Herr Umweltminister erfuhr von der Sache erst hinterher.

Fischer hat Unmengen von täglich anfallendem Sondermüll am Hals. dazu rund 500 Altlasten, die in Hessen derzeit bekannt sind. Ökologische Zeitbomben, die jederzeit hochgehen können - genau unter seinem Amtssessel. Vom Hausmüll, den verdreckten Gewässern und den bedrohten Tierarten gar nicht zu reden.

Nur knapp zwei Jahre sind es bis zur nächsten Landtagswahl. Bis dahin muß er Erfolge vorweisen, muß beweisen, daß es gut ist, wenn Grün mItregIert.

Es wird ein Eiertanz. Fischer weiß das. Er muß mit Gesetzen und Verordnungen arbeiten, die ihm wenig Handlungsspielraum lassen, mit Beamten, von denen nur wenige mit grünem Kampfgeist beseelt sind, und mit einer Koalitionsvereinbarung, die auch glühende Befürworter des rot-grünen Kurses bestenfalls für einen mäßigen Erfolg der Grünen halten. Als das Ding nach langem Tauziehen unterschriftsreif war, lag allerdings auch SPD-Verhandlungsführer Holger Börner mit Herzschmerzen auf der Dienstcouch.

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Noch ist nicht Zahltag. Fischer, der Exot, erfreut sich regster Zuneigung der Medien. Tagtäglich stehen im Ministerflügel Presse, Funk und Fernsehen auf der Matte. Fischer weiß um seine Wirkung bei den Medienleuten. Am nächsten Tag, beim Mittagessen in einem feinen Wiesbadener Schuppen, gibt er eine Kostprobe seines Talents im Umgang mit der Presse. Der TEMPO-Redakteur schlüpft aus der Rolle des still beobachtenden Mäuschens und stellt Fragen.

TEMPO: Fischer, welche Sicherungen sind bei Dir eigentlich dagegen eingebaut, dass Du das alles zu ernst nimmt?

Fischer: Der Schweijk in mir, die Lust an der Eulenspiegelei, das wird mir nicht abzugewöhnen sein.

„Schon als Kind fand ich die Hölle wesentlich interessanter als den Himmel.”

Hast Du nicht as Gefühl, dass die SPD nur koaliert, um Dich und die Grünen effektvoll abzuschließen?

Entscheidend ist, was der Ministerpräsident wilI. Börner meint es ernst, nicht aus Liebe zu den Grünen, sondern weil er zwei und zwei richtig zusammenzählt.

Und Du hast nie Zweifel?

Manchmal frage ich mich schon, ob das nicht alles zuviel ist, ob ich das durchsteh. Aber es gibt nur eine Antwort: Voran!

Deine Gegner bei den Grünen, die Fundamentalisten, halten Deinen Weg für verhängnisvoll.

Wenn wir '87 wieder in den Bundestag kommen und hier in Hessen wieder eine Koalition hinkriegen, mit grünen Zuwächsen, dann hat sich der Fundamentalismus erledigt.

Und Du wirst Bundeskanzler?

Das will ich nicht werden, aber vielleicht Vorsitzender irgendeiner internationalen Kommission

Sieh an. Und wo verbringst Du das hohe Alter?

Na, ich denke auf dem Frankfurter Hauptfriedhof. Obwohl - wir sind ja inzwischen ein Sonderabfallprogramm geworden mit den Schadstoffen, den Schwermetallen und Dioxinen, die wir mit uns rumschleppen. Da stellt sich die Frage, ob man uns einfach so eingraben darf, oder ob wir nicht einer chemisch-physikalischen Wiederaufbereitungsanlage zugeführt werden müssen, bevor man uns einem christlichen Begräbnis überantworten darf.

Apropos christlich - zahlst Du immer noch Kirchensteuer?

Ja.

Bei einem Ministergehalt von knapp 15000 Mark kann man davon bald einen Dom bauen.

Bei den Baupreisen nicht.

Und warum willst Du nicht austreten?

Ich bin nicht eingetreten und ... naja, man hat mich da mit kaltem Wasser hineingeschreckt.

Du bist also treu?

Das solltest Du meiner Freundin sagen.

Der Kirche gegenüber!

Ach so.

Hat denn noch niemand Deine Exkommunikation beantragt?

Ich hab ja noch keine ketzerischen Schriften verfaßt. 

Naja.

Also bitte!

Und wann besuchst Du den Papst?

Schwierig. schwierig - aber eigentlich gar keine schlechte Idee.

Und dann möchtest Du heilig gesprochen werden?

Nein. nein!

Das könnte doch Dein unbewußtes Ziel sein, sozusagen das Benzin, das Dich antreibt...

...also Benzin bestimmt nicht, das muß ich hier zurückweisen. Es handelt sich garantiert um ein schadstofffreies Brennverfahren. Ich würde sagen, es ist, mmmh (grinst) die Kraft. die stets das gute will – (er hebt den Zeigefinger) und auch das Gute schafft.

Also willst Du doch heilig gesprochen werden.

Nein! Ich fand schon als Kind, wenn mir Himmel und Hölle geschildert wurden, die Hölle weitaus interessanter.

 

*

Der Minister ist ein Spielertyp. Er regiert mit Poker” face. Sein Zimmer 1007 hat kahl zu sein: ohne Blumen, Teppiche und anderen Schnickschnack. Nach wenigen Tagen entsorgt Fischer seine Amtsstube von allen möglichen Grünpflanzen, die man ihm in gutem Glauben reinstellen ließ. PVC am Boden und an der Decke möglichst Neonlicht - so fühlt er sich wohl.

Die Combo wühlt in den Akten, der Minister sitzt in seinem Büro und würdigt das Historische des Augenblicks. „Die entscheidende Leistung von Hessen ist nicht ein neues Abfallgesetz oder so etwas. sondern die Tatsache, daß zum ersten Mal eine abgewirtschaftete linke Regierung, die auf einen außerparlamentarischen Massenprotest gestoßen ist, nicht zu einer rechten Regierung geführt hat.“ Er sagt, er denke eigentlich Tag und Nacht nur an Politik. „Da bin ich Triebtäter.“

Kaum zu glauben, daß sich in den paar Zimmerchen, die von diesem schnöden Flur abgehen, der weitere Weg der Grünen entscheiden soll. Denn die erste grüne Begegnung mit der Macht ist eigentlich nie dramatisch, sondern stets komisch.

Eine dieser unheimlichen Begegnungen steht am nächsten Tag auf dem Terminplan. Elf Uhr: Besuch der Abteilung II, Naturschutz. Fast ausschließlich Förster sind in dieser Abteilung beschäftigt. Bei denen kommt Fischer ungefähr so gut an wie bei Bauern – überhaupt nicht. Er kneift das Gesicht zusammen, ahnt den Ärger.

Dr. Faust, der Gruppenleiter Naturschutz, schenkt dem Herrn Minister reinen Wein ein. Die Beamten würden mosern, hätten ihr „Befremden” über die Stellenausschreibungen von Fischer schriftlich niedergelegt. „Sie müssen das verstehen”, sagt Dr. Faust, „da sitzt so einer 15 Jahre hier, geht die Ochsentour, bis er was wird, und dann kommt so ein 28jähriger und kriegt BAT Ila. Das stört die Leute, das geht denen zu schnell.“

Fischer guckt abschätzig, schüttelt den Kopf Er möchte davon gar nichts hören.

Dann folgt der obligate Rundgang. Die beamteten Förster geben sich Mühe, freundlich zu sein. aber man spürt: die Stimmung ist unterm Hund. Seitdem die Förster nicht mehr zum Ministerium für Landwirtschaft und Forsten gehören, sondern zum Umweltminister, haben sie ihr Jagdprivileg verloren. Was sie noch härter trifft: Die Förstertracht ist nicht mehr offizielle Dienstuniform. Dadurch gehen Steuervergünstigungen für die Reinigung der Uniform und die Fahrten ins Revier verloren. Gleich im ersten Zimmer kriegt Fischer zu hören, daß das für den einzelnen 2000 Mark weniger im Jahr bedeutet.

Plötzlich offene Rebellion. Ein junger Förster ergreift ungefragt das Wort. „Ich möchte die Gelegenheit nicht verstreichen lassen, Herr Minister“, sagt er etwas aufgeregt, „mein Befremden über die Stellenausschreibungen zum Ausdruck zu bringen.“ Fischers Miene bewölkt sich. „Wir jungen Beamten“, der Mann wird immer aufgeregter, „.machen hier seit Jahren unseren Dienst. Ihre Ausschreibungen sind eine Provokation.“

Fischer knurrt: „Das nehmen Sie zurück. Eine Provokation setzt eine üble Absicht voraus. Das nehmen Sie zurück oder ich betrachte das Gespräch als beendet.“ Er wendet sich zur Tür. Da sagt der junge Beamte, sichtlich zwischen Ehrfurcht und Aufruhr schwankend, ganz zerknirscht: „Ich nehme das Wort Provokation zurück.“

Der Minister stiefelt weiter. Im nächsten Zimmer erwartet Fischer ein älterer Herr in Kniebundhosen. Fischer sieht ein Hirschgeweih in der Ecke hängen und fragt, eingedenk seiner Konversation mit Dr. Breuer: „Haben Sie den auch spitz von vorn erlegt?”

Der Beamte ist sichtlich verstört. „Nein, leider“, sagt er peinlich berührt, „der ist verendet.“

Geschrieben mit zarten 26 als "Politredakteur" von TEMPO. Darunter stand: "Schimmeck haßt die Ich-Form und hat versprochen, niemals ein Buch zu veröffentlichen."


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